„Grenzverletzungen“ von T.A. Wegberg


Lesezeit: weniger als 3 Minuten

Worum geht es: 

Johannes und Cosmo sind Seelenbrüder. Sie wohnen zusammen und Johannes stellt sicher, dass Cosmo, ein Borderliner, morgens in die Schule geht, regelmäßig isst und vor allem nicht alleine ist, wenn er einen emotionalen Absturz hat. Damit steht Johannes unter Dauerstress, was sich auf seine Gesundheit, sein Studium und selbst auf die labile Verfassung von Cosmo negativ auswirkt. Pixi, Nuria Rabe, Cosmos Bilder, erdrückende Nähe, Rausch, Schmerz und die Angst, den Seelenbruder zu verlieren – genau darum geht es in diesem Roman.

Mein Fazit: 

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T.A. Wegberg erlaubt mit der gewählten Ich-Perspektive einen Einblick in das Leben von Johannes, der sich ständig um seinen Seelenbruder Cosmo sorgt. Diesem intimen Einblick können sich die Leser nun nicht mehr entziehen und selbst die klugen Ratschläge, die sich beim Lesen immer wieder einzumischen versuchen, schweben vergeblich um das engmaschige Band der beiden Seelenbrüder. Doch das tut dem Lesefluss keinen Abbruch, im Gegenteil, es treibt die Leser an, diesem unglaublich zerbrechlichen Gleichgewicht zur Hilfe zu eilen, selbst wenn sie diesem Anspruch nur durch ihre ungeteilte Aufmerksamkeit gerecht werden können.

Wieviele Menschen leben in Beziehungen, die so eng miteinander verwebt sind, dass sie selbst nur durch ihre gegenseitige Abhängigkeit überhaupt existieren können? Wann hat es begonnen, diese Suche nach dem einen Erlöser, der dabei hilft, das eigene Leben zu meistern? Und welchen Preis zahlen diejenigen, die nur so überleben wollen oder gar können? Grenzverletzungen greift sie auf, diese emotionale Unreife, die sich wie ein Knoten um das eigene Herz schnürt, es vermauert, die Wärme im Außen sucht und nur denjenigen Einlass gewährt, denen es ähnlich geht. Gemeinsam tanzen sie, melancholisch, beschwingt, im Rausch oder in einem tiefen Gefühl der Verbundenheit durch den Sturm, der draußen wütet – für immer.

Dieses Immer wird unterbrochen von Nuria Rabe. Sie wütet nicht, sie erscheint Johannes wie ein Engel und er spürt ihre Nähe, die Aufmerksamkeit, aber auch die Gefahr für seine Seelenbruderschaft mit Cosmo.

Laut Einband ist Grenzverletzungen eine Geschichte über Borderline, Freundschaft und Abhängigkeit. Meine persönliche Meinung: Dieses Buch erzählt eine Geschichte, die sich in unserer Gesellschaft, wenn auch zumeist weniger dramatisch, dennoch unsichtbar für Außenstehende, hinter unzählig vielen Türen abspielen könnte. Tatsächlich ist es aber eine Geschichte über den Wunsch nach Nähe, der uns so viel mehr aushalten lässt, als wir jemals bewusst für möglich halten würden.  

Grenzverletzungen von T.A. Wegberg ist bei Schwarzkopf & Schwarzkopf im September 2015 erschienen.

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Bis bald, Ihre  Sandy Seeber

© Sandy Seeber, Oktober 2015

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