Bevor er endgültig zerriss


Wie oft laufen wir an uns selbst vorbei, wischen es zur Seite oder ignorieren seine Stimme? Und sind wir nicht schon längst zu Meistern der Argumentation geworden, wenn es darum geht, uns selbst zu überzeugen, dass wir unbedingt noch eine Stunde länger arbeiten müssen oder nur noch schnell die eine Email schreiben müssen, anstatt der schon drängenden Notdurft nachzugehen?

Wann hat dieser Kampf mit unserem Selbst eigentlich begonnen und warum begreifen wir erst, wenn es fast zu spät ist, dass wir dabei immer als Verlierer enden? Solche und ähnliche Fragen haben mich zu folgenden lyrischen Gedanken angeregt.

 

Zerrissen

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Bevor er endgültig zerriss

krochen die Fäden durch den Tag,

der im Regenbogen erwachte

als der Ofen zu feuern begann.

Langsam zogen sie die Stunden

durch das engmaschige Gitter

vorbei an warnenden Schreien,

die wie Kletten haften blieben.

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Bevor er endgültig zerriss,

mahnte der Nebel durch den Tag,

der im Kräftestrudel entfachte

als die Kohle zu glühen begann.

Schnell verwebte er die Stunden

um den lang vergessenen Kern

vorbei an fallenden Mauern,

die wie Seifenblasen platzten.

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Nachdem er endgültig zerriss,

rauschte die Ohnmacht in den Tag,

die den Lebenswillen bedachte

als die Asche zu rauchen begann.

Eilig stoppte sie die Stunden

nach dem ewig unfairen Kampf

hinein in heilende Segel,

die wie Himmelsbetten schwebten.

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Lange nach dem fatalen Riss

regiert die Stärke nun den Tag,

der auch im Regenbogen erwacht

wenn der Ofen zu knistern beginnt.

Stetig stützt sie nun die Stunden

durch das engmaschige Gitter

hinein in zeitloses Fallen,

das wie ein tiefer Schlaf entspannt.

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©Sandy Seeber, August 2015

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Bis bald,

Ihre  Sandy Seeber

Dezember 2016

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